Alfred Schultz: Wenn das Virus ins Paradies eindringt/Leseprobe

Hallo.

Name ist Schall und Rauch. Nomen est omen. Name bedeutet.

Ich bin der Erich.

Das Virus geifert gierig. Rast rastlos. Es reproduziert und multipliziert. Nur sich. Von jetzt und hier bis zum Immer und Überall.

So könnte es gehen, wenn … Ja, wenn es da nicht uns gäbe. Uns, die klugen Nachfahren der massigen, letztlich doofen, plumpen Dinosaurier. Wir, die Listigen, finden seit Odysseus immer die Schwachstellen bei den Anderen und eliminieren sie dann. Mindestens sieben auf einen Streich. Wie bei dem berühmten Schneider. Seit gestern und heute und auch morgen. Ich glaube an uns.

Das Virus merkt nicht, dass seine Ausbreitung für unsereins tödlich sein kann. Das Virus merkt überhaupt nicht. Das Virus fühlt, denkt, weiß nicht. Unsereins ist für das Virus ein Irgendetwas, an dem seine stumpfe Vermehrungswut sich austoben kann. Punkt. Das ist es. Im Virus wird die Kälte eines Universums sichtbar, das unsereins nur als seelenlose und namenlose Andockstation benutzt.

Noch ist das so. Aber, nicht mehr lange. Wir sind stärker als die Kälte des Virus-Universums. Wir, die Meister des Feuers, werden nicht am Virus erfrieren. Bei uns wird´s eher schon einmal zu heiß als zu kalt. Wir mögen Hitze. Pocken, Cholera, Pest … sie mussten gehen, wir sind da. Aids, weitgehend eingedampft, wir weiterhin aufrecht. Wie heißt der ultimative Dominator und Terminator? Homo sapiens. Der größte Heizer aller Zeiten.

Das Virus ist absolut emotions- und sinnfrei. Dem Virus ist es nicht einmal egal, wer ich bin und wie ich heiße. Das Virus kennt kein egal und kein scheißegal. Namen sind für das Virus weniger als Schall und Rauch. Sie sind nichts. Das Virus lechzt nicht nach einem Namen. Den Namen Corona haben wir Menschen dem Virus aufgedrückt. Das Virus braucht ihn nicht. Es kann namenlos wirken.

Und wir?

Unsere Macht ist es, Namen zu geben. Das ist der Beginn allen Zugangs zur Welt. Mit dem Namen machen wir, dass das Virus sichtbar wird. Wir outen es. Das ist der Anfang, der alles Weitere möglich macht. Wir sagen Corona und damit gewinnen wir Macht über das Virus. Dann werden noch schnell ein paar Berechnungen und Experimente durchgezogen und schon finden wir eine Waffe, um das Virus zur Strecke zu bringen. Die Pocken trieben es Jahrhunderte. Inzwischen heizen wir schneller. Corona, deine Tage sind gezählt. Homo sapiens wird nicht verrecken wie die einst mächtigen Dinosaurier. Ein Dominator gibt auch seinen Untergang nicht aus der Hand. Wenn wir wollen, können wir noch mehr heizen. Einfach mal so als Scherz eingeworfen.

Wir sind sichtbar durch unsere Namen. Wir sind Namengeber und Namenträger.

Komme ich konkret zu mir. Ich bin Erich Meier. Der Name Meier ist sehr gebräuchlich. Einige meinen deshalb, den Namen verfeinern zu müssen. Hier in Ostwestfalen trifft man öfter auf ein ´Meier zu irgendetwas´. Meier ist eben nicht gleich Meier. ´Meier zum Tal´ ist eben ein anderer als ´Meier auf dem Berg´ und so weiter. Mir gefällt mein Name. Der Name Meier hat etwas Helles. Dafür sorgen die E. Für mich drückt der Namen geradezu Optimismus aus. Erich passt auch gut zu Meier. Helle Ausstrahlung, knackiger Zweisilber. Erich Meier ist ein schlichter, eleganter doppelter Zweisilber. Nichts gegen Namen wie Müller oder Schulze, aber ich bin froh, ein Meier zu sein. Dieser Name schenkt Stärke in schwierigen Lebenssituationen, neudeutsch nennt man das Resilienz.

Ich bin als Risikogruppe einsortiert worden. Kein Grund zur Panik. Wachsamkeit ist gut, übertriebene Sorge lässt die Seele einfrieren. Ich bin jedenfalls fit und gestalte mein Leben nach eigenem Geschmack. Gott sei Dank bin ich nicht alleine, sondern verbringe die Tage mit meiner allerliebsten Gefährtin Elfriede. Gerade in Zeiten von Corona ist das ein Vorteil. Wenn man sich denn gut versteht. Das ist bei uns meistens der Fall. Also, da habe ich echt Glück gehabt. Auf dein Wohl, Elfriede.

Leben ist konkret. Elfriede trinkt morgens immer Kaffee und isst zwei Schnitten Brot mit Käse, Wurst und Marmelade. Sonntags gönnt sie sich ein gekochtes Ei. Ich verputze eine Portion warme Haferflocken mit Obst und Walnüssen. Elfriede und ich sind tolerant und lassen uns gegenseitig Frühstücken, wie es uns beliebt. Es ist gut für unsere Beziehung, den Tag sofort mit gegenseitiger Akzeptanz für unsere persönlichen Gewohnheitsvorlieben zu beginnen. Ein guter Anfang ist fast die ganze Miete für jeden gelungenen Beziehungstag. Unsere Art zu frühstücken gehört zu unserem Schatz an Gewohnheiten. Wir müssen nicht überlegen, wie Frühstücken geht. Wir machen es einfach so, wie wir es schon immer gemacht haben. Die Sache mit dem Frühstücksei am Sonntag praktiziert Elfriede schon seit ihrer Kindheit. Ist das nicht wunderbar? Diese Treue zu einem einmal erworbenen Verhalten wissen wir beide immer mehr zu schätzen. Gewohnheiten vereinfachen unser Leben. Ohne Gewohnheiten ständen wir in Gefahr, wegen jeder Kleinigkeit zu denken und zu diskutieren. Fürchterlich. Das brächte eine Unruhe in unser Leben, als wären wir in einem nie endenden Dauergewitter. So blöd kann kein Homo sapiens sein. Diesen Stress tun wir uns nicht an.

Wäre das Frühstück unsere einzige Gewohnheit, dann wäre das Virus kein Problem für uns. Aber, wie sich jeder leicht vorstellen kann, besteht unser Leben noch aus vielen anderen Gewohnheiten. Weil das so ist, bin ich zu der unbestreitbaren Einsicht gekommen, dass wir Gewohnheitstiere sind. Klar, biologisch betrachtet, sind wir als Menschen Säugetiere. Aber, wenn ich uns in unserer Alltäglichkeit anschaue, dann sind wir wunderbare Gewohnheitstiere. Als kollektive Gruppe im Universum sind wir die listigen, rasant heizenden Gewohnheitstiere. Heizen konnten wir auch nicht immer so gut wie heute. Wir haben es uns angewöhnt und zu immer größerer Perfektion ausgebaut. Meiner Meinung nach passen Meier und Gewohnheitstier gut zusammen. Wir machen nicht viel Aufhebens um unser Dasein. Wir legen allerdings allergrößten Wert darauf, dass unsere Gewohnheiten nicht angetastet werden. Wenn das passiert, dann kann es schon einmal ordentlich zur Sache gehen. Man muss sich schließlich nicht alles gefallen lassen!

An dieser Stelle kommt Corona massiv ins Spiel. Warum? Wenn man Corona keine Herberge bieten will, muss man Gewohnheiten ändern. Alte Gewohnheiten sind passé, neue sollen ganz schnell antrainiert werden. Da ist das Problem. In der besten aller Welten will Corona die Herrschaft übernehmen. Wird das gelingen? Kann Corona uns erledigen oder erledigen wir Corona? Oder gibt es – was eigentlich unvorstellbar ist – eine Art Koexistenz?

Bazooka-Olaf und Arminia-Fan

„… dass das Coronavirus uns neu zur Besinnung auf unser Menschsein führt. Wir haben doch im Alltag weithin vergessen, dass wir biologische Lebewesen sind.“ (Richard David Precht, Fr. 25.04.2020)

Ich kleckere nicht, ich klotze. Ich warte nicht ab, ich hole gleich die Bazooka raus.

Für alle, die es brauchen, gibt es Geld ohne Ende. Ich bin begeistert. Echt Hammer, dieser Scholz. Gleichzeitig beginnt ein neues Normal (n. N.). Dieses neue Normal müssen wir alle in der Pandemie einüben. Echt blöd, dieses neue Normal.

Wer ist dieser Olaf Scholz?

Ich will sein Gesicht enträtseln. Dieses kurze Grinsen, das unvermittelt auftaucht und blitzschnell wieder abtaucht, irritiert mich. Ist es Verlegenheit, Überlegenheit? Undefinierbare Gelegenheit? Wenn ja, für was eigentlich? Oder grinst hier einer, der einfach immer so tut, als wenn er mehr weiß als unsereins? Oder weiß der Bazooka-Olaf wirklich mehr als alle anderen? Bazooka-Olaf kann mehr als Grinsen. Er kann ein Gesicht hervorbringen, das für mich unentschlüsselbar ist. Ich gucke und gucke und gucke. Dieses Gesicht will nicht entbergen. Hat Bazooka-Olaf eine Karriere als Pokerspieler hinter sich oder befindet er sich womöglich gerade mitten in ihr? Tja, mein rätselhafter Olaf, im Moment ist nur eines sicher: Du trägst ein Pokerface. Wieso erkenne ich das nicht gleich? Du hast deine Maske gefunden. Schon lange vor Corona. Du bist der jetzigen Zeit einfach weit voraus. Du bist ein erfahrener Maskenträger. Deine Maske sagt mir: Ich habe da noch ein As im Ärmel und ein paar Gedanken im Hinterkopf. Womöglich auch noch ein paar elektronische Bazookas, die auch mich empfindlich treffen könnten. Da zittere ich als Bürger und frage besorgt: Olaf, meinst du es wirklich gut mit mir? Olaf, was wabert da noch an Unheimlichem in dir, das jederzeit urplötzlich auf mich niederprasseln könnte? Der Olaf macht auf absolut professionell. Darauf kann ich mich verlassen. Und worauf ich mich auch verlassen kann: Spaß gibt es mit dem Pokerface allenfalls, wenn Pfingsten und Weihnachten auf einen Tag fallen. Wer lachen will, der muss sich Mario Barth anschauen. Der Typ haut als Comedian zwischen seinen japsenden Lachern ganz schnell ein paar Sätze heraus. Seit gefühlten Ewigkeiten lacht der und bringt in den Lach-Pausen Sätze zu seiner Freundin unter. Mario Barth inszeniert sich im Vergleich zu Olaf wie ein offenes Buch, in dem wir alle alles lesen können. Hier das offene Buch und dort das verbergende Pokerface. Könnte es daran liegen, dass viele Menschen immer öfter Comedians mehr vertrauen als Politikern?

Wie gesagt, die Bazooka in Sachen Geld finde ich absolut in Ordnung. Aber, Olaf, die Sache mit dem neuen Normal, die kann ich nicht so einfach schlucken. Ich kann mich noch so sehr anstrengen, es ist und bleibt ein Gewürge. Das n. N. bleibt mir im Halse stecken. Da geht es mir wie bei halb garem Hackbraten. Das Zeug rutscht einfach nicht runter. Ich rackere mich ab zwischen Runterwürgen und Rauskotzen. Werde ich gleich ex- oder implodieren?

Eines ist völlig klar: Den Hein Blöd mache ich hier nicht. Das neue Normal mag für Pokerface-Olaf total easy sein, weil der das mit seiner Maske schon lange übt. Aber ich bin kein seit gefühlten Jahrtausenden durchtrainierter Pokerface-Träger. Das macht den Unterschied. Dieses neue Normal ist für mich zuallererst eine Attacke auf das Leben, in dem ich mich nun einmal eingerichtet habe. Meine Gewohnheiten sind meine Normalität. Sie gehören zu mir und ich habe sie lieb gewonnen. Das fängt mit dem Frühstück an und setzt sich beim TV fort und findet auch beim Restaurantbesuch noch lange nicht sein Ende. Einkaufen ohne Einschränkung und Reisen wann und wie es mir gefällt, sind meine selbstverständlichen Gewohnheiten. Übrigens, auch meine Rechte. Das Pokerface verlangt etwas Ungeheuerliches von mir. Das, was ich lieb gewonnen habe, soll ich aufgeben. Dafür soll ich von jetzt auf gleich etwas neues lieb gewinnen. Altes Handy weg. Neues aktiviert. Nein! Mensch Olaf, so einfach geht das nicht.

Die Frau sagt zum Mann unter Tränen: „Erich, ich habe dich wirklich lieb. Über all die Jahre habe ich dich mit all deinen Macken immer wieder von Herzen gern gehabt. Trotz des Verlustes Deiner jugendlichen Frische ist es mir in Fleisch und Blut übergegangen, dich lieb zu haben. Erich, damit ist jetzt Schluss. Der Olaf hat gesagt, dass das alte Normal durch ein neues ersetzt werden muss. Wegen Corona. Erich, du bist leider das alte Normal. Leicht fällt mir dieser Verzicht nicht. Aber es muss sein.“

Erich gehört nicht zu denen, die heimlich schon lange daran dachten, die Partnerin zu verlassen. Deshalb trifft ihn die Rede seiner Elfriede hart. Mit Sicherheit findet er diesen Scholz ziemlich blöd. Es bricht aus ihm heraus: „Man kann doch das, was man lieb hat, nicht einfach von einem Moment auf den anderen aufgeben. Schon gar nicht einen Menschen fallen lassen wie eine heiße Kartoffel.“

An dieser Stelle muss Olaf massiv zur Stimme von Erichs Gewissen werden: „Erich, das Virus ist lebensbedrohlich. Die Bedrohung ist umso stärker, je länger du schon lebst. Mit jedem weiteren Tag deines Lebens erhöht sich die Gefahr. Je älter du bist, umso rasanter.“ Olaf verkneift sich ein Grinsen und lässt kurz die Bazooka aufblitzen: „Erich, du bist nicht mehr der Jüngste.“

Erich, also ich, hat nicht nur ein Gewissen, sondern hängt auch an seinem Leben. Ich werde sprachlos. Tief in mir aber grummelt es: „Scheiß Corona.“ Noch tiefer in mir flucht es: „Scheiß Scholzomat.“ Eine ganz tiefe Stimme röchelt noch im Schrecken: „Ich will mein altes Normal.“

Ich will einfach, dass alles so bleibt, wie es ist. Meine Güte, das muss man doch verstehen können! Ich liebe das Leben, so wie es ist. Ich will kein anderes.

Nun gut, ich fahre wieder runter. Elfriede ist ja noch da. Aber, die Möglichkeit … alleine die Möglichkeit. Grausam.

Wie wird Corona für mich als Gewohnheitstier zum Gegner, ja sogar zum Feind? Nehme ich als Beispiel den Fußball. Fußballspiele finden in Zeiten von Corona ohne Zuschauer statt. Die Frage: Können Fußballspiele ohne Zuschauer stattfinden?, ist im Prinzip undenkbar. Deshalb kann sie gar nicht gestellt werden. Nicht einmal in den wildesten Träumen kann diese Frage auftauchen. Warum ist diese Frage absolut, ich muss es wiederholen, absolut undenkbar? Ganz einfach, weil Fußballspiele ohne uns Fans das Ende des Fußballs bedeuten. Und da niemand das Ende des Fußballs will, kann es das gar nicht geben. Ist doch logisch. Oder? Aber, aufgepasst. Verrückte Welt: Durch Corona wird das schier Unmögliche plötzlich wahr. Darin zeigt sich die Boshaftigkeit des Virus. Es greift gegen alle unsere Fanvernunft in das Leben ein. Für mich als sporadischem Almbesucher ist das lange nicht so schlimm wie für den Hardcore-Fan, der im Stadion sein zweites Wohnzimmer eingerichtet hat. Das Aus für Zuschauer im Stadion ist ein knallharter, rücksichtsloser Eingriff in ein Fan-Leben. Ein Fußballfan, der nicht ins Stadion darf, wird im Zentrum seiner Existenz bedroht. Seine Seele wird ins Eisfach eingebunkert. Ab jetzt lebst du als Fan nur noch mit halber Lunge oder halbierten Beinen oder mit lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen. Das ist übertrieben? Nein, zu Nebenwirkungen fragen Sie auch hier Ihren Arzt, Apotheker und bitte auch den Psychologen. Gewohnheiten füllen unsere Lebenszeit aus. Sie werden tief in uns verankert. Wir müssten Maschinen sein, wenn das einfach spurlos an uns vorübergehen sollte. Gewohnheitstiere sind keine Gewohnheitstierautomaten, die einfach den Hebel umlegen und sich pudelwohl fühlen. So nach der Melodie: Nun gut, wenn ich nicht mehr ins Stadion kann, um meinen geliebten Verein zu unterstützen, dann glotze ich einfach einen von den tausend Krimis im Free-TV. Reicht doch, wenn ich mir bei irgendetwas die Augen verdrehen kann. So blöd kann doch kein liebevoller Gewohnheitsfan sein. Ich jedenfalls bin es nicht. Nein, ich nehme keine Beruhigungspillen. Wie bitte? Der Bluthochdruck? Klar, der geht jetzt hoch, ich rege mich ja auf. Ist doch ganz normal.

Coronabeschränkungen, die mir meine Normalität rauben wollen, hasse ich. Wenn ich mir diese Emotionen verbieten würde, wäre ich auf dem besten Weg, mich selbst auszulöschen. Diesen Selbsthass mache ich nicht mit. Da bewahre ich mir schon noch meinen Stolz. Denn: Ich bin nicht eine stumpfe Gewohnheitsmaschine, sondern ein wunderbares, emotionales Gewohnheitstier. Olaf, Pokerface, kannst du das überhaupt verstehen? Übrigens, dass ich Olaf und nicht Herr Minister sage, ist mein kleiner Versuch, dich, rein menschlich betrachtet, als Wesen mit Emotionen wie meinesgleichen anzusprechen.

Es ist mit den Gewohnheiten wie mit einer guten Ehe. Man bleibt zusammen, egal, wie scheußlich einem das Leben gerade mitspielt. Der treue und zuverlässige Fan von Arminia Bielefeld weiß, wovon ich rede. Egal, wie gut oder schlecht das Wetter, egal, wie gut oder schlecht der Trainer, egal wie gut oder schlecht die Spieler, der Fan hält durch. Fan bleibt Fan, egal was passiert. Ob Arminia aufsteigt oder absteigt. Der Fan steht zu seiner soliden ostwestfälischen Fahrstuhl-Mannschaft. Rauf und runter, rauf und runter … der Arminia-Fan bleibt munter. Eines ist allerdings klar: Solche Dummheiten wie im 50 Kilometer entfernten Paderborn kommen hier nicht infrage. Einen Typ wie Effenberg wird man hier nicht unter Vertrag nehmen. Mediales ´Gedöns´ ist kein Ersatz für Effizienz. Jeder gute Fan weiß das. Eine gute Beziehung eines Fans zu seinem Verein lebt davon, dass er seine Fan-Gewohnheiten jahrzehnte-, idealerweise lebenslang praktiziert. Was ist schon eine fünf- oder zehnjährige Ehe oder Partnerschaft? Der Fan weiß es: ein flüchtiger Moment, ein klitzekleiner, niedlicher Treueversuch. Für einen Fan ist eine lieb gewonnene Gewohnheit nicht einfach so flott zu wechseln wie die Unterhose oder das Hemd. One-Night-Stands mit anderen Vereinen? Kommen vor. Aber nur heimlich und mit total schlechtem Gewissen. Das ist das Minimum an Selbstabstrafung. Der treue Fan schaut sich in Corona-Zeiten kein Fußballspiel im Fernsehen an. Das versteht sich eigentlich von selbst. Spiele vor leeren Rängen sind alles mögliche, vor allem etwas, das Geld einbringt, aber keine wirklichen Fußballspiele. Deshalb komme ich zu dem Schluss: Das neue Normal beleidigt und kränkt das emotionale Gewohnheitstier. Damit muss man erst einmal fertig werden. Das darf man nicht in sich reinfressen. Denn wer zu viel in sich hineinfrisst, der muss noch mehr aus sich herauskotzen. Ich will mich nicht mit einer Corona-Bulimie infizieren.